Mehr Strom aus Abwärme

Mehr Strom aus Abwärme

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29 (Nanowerk-Neuigkeiten) Bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen, aber auch von Biokraftstoffen, gehen große Mengen der Energie als Abwärme verloren. Thermoelektrische Materialien könnten diese Wärme in Strom umwandeln, für eine technische Anwendung sind sie aber noch nicht effizient genug. Ein Team des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung hat nun die Effizienz eines thermoelektrischen Materials gesteigert, indem es den Einfluss der Mikrostruktur auf das Material aufgeklärt und die Materialeigenschaften durch Zugabe von Titan optimiert hat. Die Chemie und atomare Anordnung der Korngrenzenphasen definieren den Elektronentransport durch die Korngrenzen Die Chemie und atomare Anordnung der Korngrenzenphasen definieren den Elektronentransport durch die Korngrenzen. Die titanreiche Korngrenzenphase stellt einen leitfähigen Pfad bereit (links), während die eisenreiche Korngrenzenphase Elektronen widersteht (rechts). (Bild: R. Bueno Villoro, Max-Planck-Institut für Eisenforschung) Die Klimakrise zwingt uns nicht nur zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, sondern auch zum Energiesparen. Gerade dort, wo fossile Brennstoffe noch nicht so schnell ersetzt werden können, sollten sie zumindest effizient genutzt werden – etwa durch Stromerzeugung aus der Abwärme energieintensiver Industrieanlagen oder Kraftwerke. Derzeit gehen rund 17 Prozent der in der europäischen Industrie eingesetzten Energie als Abwärme verloren. Es könnte mit Hilfe von thermoelektrischen Materialien nutzbar gemacht werden. Bei solchen Thermoelektrika wird eine elektrische Spannung erzeugt, wenn sie einem Temperaturunterschied ausgesetzt werden. Aktuelle Thermoelektrika sind jedoch nicht effizient genug, um großindustriell eingesetzt zu werden. Einem Forscherteam unter Leitung des Düsseldorfer Max-Planck-Instituts für Eisenforschung ist es nun gelungen, ein Thermoelektrikum, wie die Materialien im Fachjargon heißen, zu optimieren und damit dem industriellen Einsatz näher zu kommen. Das Team veröffentlichte seine Ergebnisse in der Zeitschrift Fortschrittliche Energiematerialien („Korngrenzphasen in NbFeSb-Halb-Heusler-Legierungen: Ein neuer Weg, um die Transporteigenschaften von thermoelektrischen Materialien abzustimmen“). Das Team untersuchte eine Legierung aus Niob, Eisen und Antimon, die Abwärme bei Temperaturen von etwa 70 bis über 700 Grad Celsius mit einem Wirkungsgrad von acht Prozent in Strom umwandelt – was die Legierung zu einer der derzeit effizientesten Thermoelektrika macht. Nur ein Material aus Wismut und Tellur erreicht ähnliche Werte. Wismuttellurid ist jedoch nur für den Einsatz bei relativ niedrigen Temperaturen geeignet und mechanisch weniger stabil als die Thermoelektrika aus Niob, Eisen und Antimon. Außerdem sind seine Bestandteile weniger leicht verfügbar.

Titan verbessert die elektrische Leitfähigkeit

Um die Effizienz des Thermoelektrikums aus Niob, Eisen und Antimon weiter zu steigern, konzentrierten sich die Forscher auf dessen Mikrostruktur. Wie die meisten Metalle bestehen thermoelektrische Materialien aus winzigen Kristallen. Die Zusammensetzung und Struktur der Körner sowie die Beschaffenheit der Zwischenräume, sogenannte Korngrenzen, sind entscheidend für die thermische und elektrische Leitfähigkeit von thermoelektrischen Materialien. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Korngrenzen sowohl die thermische als auch die elektrische Leitfähigkeit des Materials verringern. Für einen möglichst hohen Wirkungsgrad sollte die Wärmeleitfähigkeit möglichst gering sein, damit die Wärme, also die Energie, im Material bleibt. Die elektrische Leitfähigkeit sollte jedoch hoch sein, um möglichst viel Wärme in Strom umzuwandeln. Das Ziel des Teams vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung, der Northwestern University (USA) und dem Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden war es daher, die Korngrenzen so zu optimieren, dass nur die Wärmeleitfähigkeit reduziert wird, aber nicht die elektrische Leitfähigkeit. „Mit Rastertransmissionselektronenmikroskopen und Atomsonden haben wir die Mikrostruktur der Legierung bis auf atomare Ebene untersucht“, sagt Ruben Bueno Villoro, Doktorand am Max-Planck-Institut für Eisenforschung. „Unsere Analyse hat gezeigt, dass Korngrenzen optimiert werden müssen, um die elektrischen und thermischen Eigenschaften zu verbessern.“ „Je kleiner die Körner im Material sind, desto mehr Korngrenzen gibt es und desto schlechter ist die elektrische Leitfähigkeit“, erklärt Siyuan Zhang, Projektleiter in derselben Forschungsgruppe. „Es macht keinen Sinn, die Körner im Material zu vergrößern, denn größere Körner würden die Wärmeleitfähigkeit erhöhen und wir würden Wärme und damit Energie verlieren. Daher mussten wir einen Weg finden, die elektrische Leitfähigkeit trotz der kleinen Körner zu erhöhen.“ Die Forscher lösten das Problem, indem sie das Material mit Titan anreicherten, das sich unter anderem an den Korngrenzen anreichert und die elektrische Leitfähigkeit erhöht. Auf diese Weise steigerten sie den thermoelektrischen Wirkungsgrad der Legierung um bis zu 40 Prozent. Für praktische Anwendungen muss der Wirkungsgrad aber noch deutlich gesteigert werden.

Nächster Schritt: selektive Anreicherung von Titan an Korngrenzen

Jetzt analysiert das Forschungsteam Möglichkeiten, Titan selektiv nur an Korngrenzen hinzuzufügen, ohne das gesamte Material mit Titan anzureichern. Diese Strategie spart Kosten und bewahrt weitgehend die ursprüngliche chemische Zusammensetzung des thermoelektrischen Materials. Die aktuelle Forschung zeigt, wie funktionale Eigenschaften mit der atomaren Struktur eines Materials verknüpft werden können, um bestimmte Eigenschaften gezielt zu optimieren.

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