Forscher entwerfen einen pulsierenden Nanomotor

Forscher entwerfen einen pulsierenden Nanomotor

Quellknoten: 2945091
19. Okt. 2023 (Nanowerk-Neuigkeiten) Ein internationales Wissenschaftlerteam unter Leitung der Universität Bonn hat einen neuartigen Nanomotor entwickelt. Es wird durch eine clevere Mechanik angetrieben und kann pulsierende Bewegungen ausführen. Die Forscher planen nun, es mit einer Kupplung auszustatten und als Antrieb in komplexe Maschinen einzubauen.

Key Take Away

  • Forscher haben einen neuartigen Nanomotor entwickelt, der pulsierende Bewegungen ähnlich einem Handgrifftrainer ausführt, aber eine Million Mal kleiner ist.
  • Der Nanomotor verwendet RNA-Polymerasen, um sich entlang eines DNA-Strangs zu bewegen, wobei er seine Griffe in einem Zyklus näher zusammenzieht und so die Funktion von Proteinen in Zellen nachahmt.
  • Dieser einzigartige Motor wird von Nukleotidtriphosphaten angetrieben, der gleichen Energiequelle, die Zellen zur Bildung von Proteinen verwenden.
  • Es wurde gezeigt, dass der Motor leicht mit anderen Strukturen kombinierbar ist, was auf einen möglichen Einsatz in komplexen Nanomaschinen schließen lässt.
  • Weitere Arbeiten werden durchgeführt, um die Leistung des Nanomotors zu optimieren, einschließlich der Entwicklung eines Kupplungssystems zur Steuerung seiner Aktivität.
  • ein neuartiger Nanomotor mit einer RNA-Polymerase, der die beiden „Griffe“ zusammenzieht und dann wieder freigibt. Dadurch entsteht eine pulsierende Bewegung. Der neuartige Nanomotor mit einer RNA-Polymerase, die die beiden „Griffe“ zusammenzieht und dann wieder freigibt. Dadurch entsteht eine pulsierende Bewegung. (Bild: Mathias Centola, Universität Bonn)

    Das Forschungs

    Die Erkenntnisse des Teams sind nun im Fachjournal erschienen Natur Nanotechnologie („Eine rhythmisch pulsierende Blattfeder-DNA-Origami-Nanomaschine, die einen passiven Anhänger antreibt“). Dieser neuartige Motortyp ähnelt einem Handgrifftrainer, der bei regelmäßiger Anwendung Ihren Griff stärkt. Allerdings ist der Motor rund eine Million Mal kleiner. Zwei Griffe sind durch eine Feder in einer V-förmigen Struktur verbunden. Bei einem Handgrifftrainer drückt man die Griffe gegen den Widerstand der Feder zusammen. Sobald Sie den Griff loslassen, drückt die Feder die Griffe in ihre ursprüngliche Position zurück. „Unser Motor nutzt ein ganz ähnliches Prinzip“, erklärt Prof. Dr. Michael Famulok vom Life and Medical Sciences (LIMES) Institut der Universität Bonn. „Aber die Griffe werden nicht zusammengedrückt, sondern zusammengezogen.“ Zu diesem Zweck haben die Forscher einen Mechanismus umfunktioniert, ohne den es weder Pflanzen noch Tiere gäbe. Jede Zelle ist mit einer Art Bibliothek ausgestattet. Es enthält die Baupläne für alle Arten von Proteinen, die die Zelle zur Erfüllung ihrer Funktion benötigt. Möchte die Zelle ein bestimmtes Protein produzieren, bestellt sie eine Kopie des entsprechenden Bauplans. Dieses Transkript wird von RNA-Polymerasen produziert.

    RNA-Polymerasen treiben die pulsierenden Bewegungen an

    Der ursprüngliche Bauplan besteht aus langen DNA-Strängen. Die RNA-Polymerasen bewegen sich entlang dieser Stränge und kopieren die gespeicherten Informationen Buchstabe für Buchstabe. „Wir haben eine RNA-Polymerase genommen und sie an einem der Griffe unserer Nanomaschine befestigt“, erklärt Famulok, der auch Mitglied der transdisziplinären Forschungsbereiche „Leben & Gesundheit“ und „Materie“ an der Universität Bonn ist. „In unmittelbarer Nähe haben wir auch einen DNA-Strang zwischen den beiden Griffen gespannt. Die Polymerase greift an diesem Strang an, um ihn zu kopieren. Es zieht sich am Stand entlang und der nicht transkribierte Teil wird immer kleiner. Dadurch wird der zweite Griff Stück für Stück zum ersten gezogen und gleichzeitig die Feder zusammengedrückt.“ Der DNA-Strang zwischen den Griffen enthält kurz vor seinem Ende eine bestimmte Buchstabenfolge. Diese sogenannte Terminationssequenz signalisiert der Polymerase, dass sie die DNA loslassen soll. Die Feder kann sich nun wieder entspannen und bewegt die Griffe auseinander. Dadurch gelangt die Startsequenz des Strangs in die Nähe der Polymerase und der molekulare Kopierer kann einen neuen Transkriptionsprozess starten: Der Zyklus wiederholt sich somit. „Auf diese Weise führt unser Nanomotor eine pulsierende Aktion aus“, erklärt Mathias Centola aus der Forschungsgruppe von Prof. Famulok, der einen Großteil der Experimente durchgeführt hat.

    Als Brennstoff dient eine Buchstabensuppe

    Auch dieser Motor benötigt wie jeder andere Motortyp Energie. Dafür sorgt die „Alphabetsuppe“, aus der die Polymerase die Transkripte herstellt. Jeder dieser Buchstaben (in der Fachsprache: Nukleotide) hat einen kleinen Schwanz, der aus drei Phosphatgruppen besteht – einem Triphosphat. Um einem bestehenden Satz einen neuen Buchstaben hinzuzufügen, muss die Polymerase zwei dieser Phosphatgruppen entfernen. Dadurch wird Energie freigesetzt, die es für die Verbindung der Buchstaben nutzen kann. „Unser Motor nutzt also Nukleotidtriphosphate als Treibstoff“, sagt Famulok. „Er kann nur dann weiterlaufen, wenn genügend davon vorhanden sind.“ Durch die Überwachung einzelner Nanomotoren konnte einer der Kooperationspartner mit Sitz im US-Bundesstaat Michigan nachweisen, dass diese tatsächlich die erwartete Bewegung ausführen. Eine Forschungsgruppe in Arizona simulierte den Prozess auch auf Hochgeschwindigkeitscomputern. Die Ergebnisse könnten beispielsweise genutzt werden, um den Motor so zu optimieren, dass er mit einer bestimmten Pulsationsfrequenz arbeitet. Darüber hinaus konnten die Forscher zeigen, dass sich der Motor problemlos mit anderen Strukturen kombinieren lässt. Dadurch soll es ihm beispielsweise möglich sein, über eine Fläche zu wandern – ähnlich einem Raupenwurm, der sich in seiner charakteristischen Art an einem Ast entlang zieht. „Wir planen außerdem, eine Art Kupplung zu produzieren, die es uns ermöglicht, die Kraft des Motors nur zu bestimmten Zeiten zu nutzen und ihn ansonsten im Leerlauf zu lassen“, erklärt Famulok. Langfristig könnte der Motor zum Herzstück einer komplexen Nanomaschine werden. „Allerdings gibt es noch viel zu tun, bis wir dieses Stadium erreichen.“

    Zeitstempel:

    Mehr von Nanowerk